Krankenhaus Rating Report 2014

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Krankenhaus Rating Report 2014

Fast die Hälfte der deutschen Kliniken ist nicht ausreichend investitionsfähig

Die wirtschaftliche Situation der deutschen Krankenhäuser ist 2012 deutlich schlechter geworden. Die 2013 beschlossenen Finanzhilfen werden zwar zu einer Stabilisierung bis 2014 führen. Auf mittlere Sicht bleibt die Lage aber angespannt, weil die Kosten stärker steigen als die Erlöse und zu wenig investiert wird. Ein Investitionsfonds auf Bundesebene würde helfen, den Substanzabbau zu stoppen und durch Strukturveränderungen die künftigen Kostensteigerungen zu bremsen. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt die zehnte Ausgabe des „Krankenhaus Rating Report“, der im Rahmen des „Hauptstadtkongress 2014 – Medizin und Gesundheit“ in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Studie über die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser wurde gemeinsam von RWI, Accenture und der hcb GmbH erstellt.

Aufgrund geringer Ertragskraft war fast die Hälfte aller deutschen Kliniken 2012 nicht ausreichend investitionsfähig, um Substanzerhalt sicherzustellen. Den derzeitigen Investitionsstau schätzen die Autoren auf kumuliert rund 15 Milliarden Euro. Jährlich sollten die Krankenhäuser laut Report 5,4 Milliarden Euro aufbringen, um den aktuellen Investitionsbedarf zu decken. Dabei hat sich die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser 2012 spürbar verschlechtert. 16 Prozent wiesen eine erhöhte Insolvenzgefahr auf, zwei Jahre zuvor waren es nur halb so viele. 35 Prozent der Krankenhäuser schrieben 2012 auf Konzernebene einen Jahresverlust, zwei Jahre zuvor waren es nur 16 Prozent.

Die vor der Bundestagswahl 2013 beschlossenen Finanzhilfen für Krankenhäuser tragen zur Entspannung der Lage 2013 und 2014 bei. 2015 droht ohne Gegenmaßnahmen aber wieder eine Verschlechterung, weil die Kosten- über den Erlöszuwächsen liegen. Bis 2020 könnten etwa 13 Prozent der Krankenhäuser aus dem Markt ausscheiden.

Das zeigt der zehnte Krankenhaus Rating Report 2014, den das RWI, die IT-Beratung Accenture und das Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) im Rahmen des „Hauptstadtkongress 2014 – Medizin und Gesundheit“ in Berlin vorgestellt haben. Untersucht wurde die finanzielle Lage von fast 1 000 Kliniken in Deutschland. Die Stichprobe besteht aus 617 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2011 sowie 175 aus dem Jahr 2012.

Kliniken im Osten Deutschlands weiterhin in besserer Finanzlage

Die finanzielle Lage der Krankenhäuser verschlechterte sich 2012 im Vergleich zum Vorjahr zwar in ganz Deutschland. Die Situation der Kliniken in den ostdeutschen Bundesländern bewertete der Report jedoch weiterhin am besten, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz/Saarland. Die Kliniken mit der schwierigsten finanziellen Lage liegen in Niedersachsen/Bremen, Hessen und Baden-Württemberg. In vielen Regionen sind die Krankenhausstrukturen ungünstig: zu viele kleine Einheiten, eine zu hohe Krankenhausdichte und eine zu geringe Spezialisierung.

Bei einer Betrachtung nach Trägern schneiden öffentlich-rechtliche Kliniken weiterhin durchschnittlich schlechter ab als freigemeinnützige oder private. So wiesen im Jahr 2012 28 Prozent der öffentlich-rechtlichen Häuser eine erhöhte Insolvenzgefahr auf, aber nur 16 Prozent der freigemeinnützigen und 3 Prozent der privaten. Vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz/Saarland und im Nordwesten war die Lage vieler öffentlich-rechtlicher Häuser kritisch. Der Report konnte erstmals nachweisen, dass öffentlich-rechtliche Kliniken mit kleinen Aufsichtsgremien am besten abschneiden.

Krankenhauskapazitäten blieben unverändert

Die Krankenhauskapazitäten haben sich 2012 gegenüber dem Vorjahr kaum verändert, während die Zahl der Krankenhäuser sich um 1,4 Prozent auf 2.017 verringerte. Die Bettenauslastung der Krankenhäuser verharrte laut Report bei 77 Prozent. Private Krankenhäuser konnten ihren Marktanteil – gemessen an der Bettenzahl – leicht von 16,3 Prozent auf 16,8 Prozent erhöhen. Der Marktanteil öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser sank von 49,3 Prozent auf 48,8 Prozent, während der Anteil freigemeinnütziger Häuser konstant bei 34,4 Prozent blieb. Die Vorteile eines hohen Spezialisierungsgrads bestätigten sich, sowohl in wirtschaftlicher als auch in qualitativer Hinsicht. Wie in den Vorjahren gingen Qualität, Spezialisierung und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand.

Investitionsfonds würde weiterem Substanzabbau entgegenwirken

Es gibt vier Stellschrauben, um die Lage auf dem deutschen Krankenhausmarkt zu verbessern: höhere Preise für Krankenhausleistungen, mehr Kapital für Investitionszwecke, höhere Produktivität sowie Marktaustritte von weniger produktiven Einrichtungen. Höhere Preise würden sich zwar positiv auf die wirtschaftlichen Kennzahlen der Krankenhäuser auswirken, mittelfristig aber negativ auf die Beitragszahler der Krankenversicherungen. Um eine nachhaltige Stabilisierung zu erreichen, sollte daher eher an den anderen drei Stellschrauben gedreht werden. 

Über kluge Investitionen sollten effizientere Krankenhausstrukturen geschaffen werden und die Ergebnis- und Indikationsqualität stärker in den Vordergrund rücken. Um dafür mehr Kapital zur Verfügung zu haben, wird ein Investitionsfonds vorgeschlagen. Er sollte auf der Bundesebene angesiedelt sein und sich aus Mitteln der Krankenversicherungen oder aus Steuermitteln des Bundes speisen, um – an den Ländern vorbei – am zukünftigen Bedarf und an der Qualität ausgerichtete Strukturveränderungen anstoßen zu können. Der Fonds könnte Krankenhäusern etwa Zinsvergünstigungen bei Darlehen bieten und dauerhaft mit 300 Millionen Euro jährlich ausgestattet werden. Damit könnte beispielsweise bei einer Zinsvergünstigung von 3 Prozent-Punkten ein Fremdkapitalvolumen von 10 Milliarden Euro finanziert werden. Eine weitere Milliarde Euro könnte einmalig zur Verfügung gestellt werden, um Schließungs- oder Umwidmungskosten, darunter Sozialpläne, finanzieren zu können. Maßnahmen wie die „Mütterrente“ und die „Rente mit 63“ zeigen allerdings, dass in einer älter werdenden Bevölkerung Konsum vor Investition geht. Entsprechend sei die Gefahr groß, dass auch im Krankenhausbereich Investitionen ausbleiben und sich der Substanzabbau fortsetzt. Dem müsse entgegen gewirkt werden.

Mit Verbünden und „Netzwerkmedizin“ zu höherer Produktivität

Die Produktivität ließe sich auf drei Ebenen steigern: erstens auf der Ebene des einzelnen Krankenhauses, zweitens durch die Optimierung regionaler Krankenhausstrukturen und drittens durch die Optimierung von Versorgungsstrukturen, die sämtliche Leistungserbringer umfassen („Netzwerkmedizin“). Dabei geht es vor allem um effektive Management- und Aufsichtsstrukturen, ausreichende Investitionen, effizienten Personaleinsatz, Spezialisierung, indikationsgerechte Patientensteuerung, hohe medizinische Qualität, guten Service und elektronische Vernetzung.

In einem Verbund lassen sich die Produktivitätsverbesserungen naturgemäß einfacher bzw. mit größerer Hebelwirkung umsetzen. Die Ziele sind jedoch nur zu erreichen, wenn die einzelnen Verbundpartner ihr bisheriges Kirchturmdenken aufgeben und sich als Teil des Verbunds sehen. Die Vorteile lassen sich im Rahmen einer patientenzentrierten „Netzwerkmedizin“ noch weiter ausbauen, wenn neben den akutstationären Leistungen um den Patienten herum ambulante sowie vor- und nachstationäre Leistungen angesiedelt werden. 

Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Produktivität ist die Senkung der Krankenhausdichte. Würde jedes siebte Krankenhaus aufgegeben, läge die Krankenhausdichte in Deutschland immer noch im Durchschnitt der europäischen OECD-Länder. Derzeit ist sie in Deutschland so hoch, dass eine geringere Anzahl von Kliniken selbst in ländlichen Regionen meist keine Gefahr für die Versorgungssicherheit bedeutet. Gleichzeitig können kleine Kliniken häufig von der medizinischen Qualität und der Wirtschaftlichkeit her nicht mit größeren Häusern mithalten.

Dieser Zielkonflikt zwischen Qualität und Nähe der Versorgung sollte den Bürgern transparenter gemacht werden. Ferner sollte klarer kommuniziert werden, dass sie auf andere kommunale Angebote verzichten müssen, wenn ein dauerhaft defizitäres Haus mit kommunalen Mitteln am Leben gehalten wird. In diesem Zusammenhang wäre die Definition einer bundesweit einheitlichen Mindestversorgungsdichte wichtig.

Die Studie „Krankenhaus Rating Report 2014: Mangelware Kapital: Wege aus der Investitionsfalle“ wurde von Dr. Boris Augurzky, Dr. Sebastian Krolop, Corinna Hentschker, Adam Pilny und Prof. Dr. Christoph M. Schmidt durchgeführt.

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Ihre Ansprechpartner:
Dr. Boris Augurzky (RWI), Tel.: (0201) 81 49-203
Dr. Sebastian Krolop (Accenture), Tel.: (0211) 9120-648 16
Sabine Weiler (Pressestelle RWI), Tel.: (0201) 81 49-213
Uwe Schick (Pressestelle Accenture), Tel.: (06173) 94-69819

Dieser Pressemitteilung liegt die Studie „Krankenhaus Rating Report 2014: Mangelware Kapital: Wege aus der Investitionsfalle“ zugrunde. Sie enthält unter anderem zahlreiche grafisch aufbereitete Darstellungen und Krankenhausbenchmarks. Die Studie kann bis zum 30. Juni 2014 für 324,99 Euro (danach: 349,99) inkl. 7 Prozent MwSt. beim Verlag medhochzwei (www.medhochzwei-verlag.de) bestellt werden (ISBN 978-3-86216-185-0; als Jahresband im Abonnement für 324,99 Euro). Sie ist auch als E-Book erhältlich. Sämtliche Grafiken und Tabellen sind separat auf CD verfügbar.

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